© copyright Helmut Hennig Text und Bilder aus "Heimatbeilage zum Amtl. Schulanzeiger des Regierungsbezirks Oberfranken - Bayreuth Nov. 1998 - Nr 256
Warthen auff dem Gebirg"
Entstehung des Wartensystems
Wir können wohl mit Sicherheit davon ausgehen, daß in unserer Heimat erst mit dem Ausbau der Herrschaft der Burggrafen von Nürnberg versucht wurde, den Landfrieden herzustellen und zu sichern. Von einem zusammenhängenden Kern ehemals meist meranischer Herrschaften aus griffen die Burggrafen von der Mitte des 13. Jahrhunderts an hinein in die Fichtelge-birgs- und Frankenwaldlandschaft und ihr Umland.
Helfrecht meint: In Ansehung der Plätze, welche zur Beobachtung der Feinde bequem waren, ließ schon Markgraf Friedrich IV. (1297-1332) eine besondere Wartordnung ergehen.
Ich halte diesen Zeitpunkt für verfrüht, denn das Land ob des Gebürgs war damals noch kaum erschlossen und nur sehr dünn besiedelt. Selbst wenn Warten errichtet worden wären, wo hätte das Wachpersonal herkommen sollen? Darauf, daß Helfrecht hier ziemlich oberflächlich recherchiert hat, deutet auch die falsche Bezeichnung „Markgraf" hin. Friedrich IV. hat zwar durch kluge Erwerbspolitik die Burggrafschaft Nürnberg zu einem weitgehend geschlossenen Territorium ausgebaut, mit der Mark Brandenburg belehnt wurde aber erst Friedrich VI. am 30. 4. 1415 auf dem Konstanzer Konzil von Kaiser Sigmund. Er nannte sich nun Friedrich l., Markgraf.
Erst von da an legten sich die Fürsten unserer Heimat die irreführende Bezeichnung „Markgraf" zu, obwohl sie nur im Fürstentum Bayreuth-Kulm-bach regierten. Friedrich IV. dagegen kann nur als „Burggraf" gezählt werden. Eine von ihm erlassene Wartordnung ist allerdings in den Archiven nicht zu finden, auch nicht in den einst nach München verschleppten Beständen des Staatsarchivs Bamberg.
Erste Warttürme dürften in der Regierungszeit Friedrichs V., des Erwerbers (1357-98) errichtet worden sein, denn nun gab es schon eine relativ mächtige, zentrale Regierung über ein mehr oder weniger geschlossenes Herrschaftsgebiet, die solche Einrichtungen veranlassen und „finanzieren" konnte. 1385 hatte man das „Burggrafenthum ob dem Gebirg" errichtet, das sich in ein „Oberland" mit dem Gebiet um Kulmbach-Bayreuth, dem Regnitzland um Hof und in das „Land vor dem (böhmischen) Wald" unterteilte. Schon 1389 finden sich die burggräflichen Ämter Weißenstadt-Wunsiedel, Hohenberg und Kirchenlamitz genannt.9 Und von Anfang an mußte das spätere Sechsämterland durch niemals aufgegebene Ansprüche der Egerer und der böhmischen Könige als besonders gefährdet gelten. Man mußte in dieser Richtung stets auf der Hut sein. Zudem bemühte sich gerade Burggraf Friedrich, der von Kaiser Karl IV. in den Reichsfürstenstand erhoben wurde, besonders um die Durchsetzung des Deutschen Landfriedens und damit um die Bekämpfung des Fehdewesens.
Sicher waren die ersten Türme sehr leicht und einfach aus Holz gebaut, so daß sie Wind und Wetter auf den ungeschützten Berggipfeln nicht standhalten konnten und schnell wieder verfielen. Die Hussiteneinfälle
1429/30 und 1462 (nun im Rahmen des ersten Markgrafenkrieges) mögen ein übriges zu ihrer Zerstörung beigetragen haben.
Als schließlich aus aktuellem Anlaß neue Anlagen errichtet wurden, nahm man gleich Anweisungen für eine besonders massive Bauweise in die „Wartordnung" auf. Diese Wartordnung aus dem Jahr 1498 ist unsere ergiebigste Quelle zum Verständnis des Wartenwesens, und es soll hier zunächst ausführlich dargestellt werden, wie es zu ihrer Entstehung kam. Die Überfälle, Räubereien und Brandstiftungen der Guttenberger offenbarten im Verlauf ihrer Fehde gegen den Markgrafen Friedrich nämlich die Verwundbarkeit seines Herrschaftsgebietes und die Notwendigkeit der Einrichtung eines Frühwarnsystems.
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