Zentrum - Schneeberg
© copyright Helmut Hennig Text und Bilder aus "Heimatbeilage zum Amtl. Schulanzeiger des Regierungsbezirks Oberfranken - Bayreuth Nov. 1998 - Nr 256
Warthen auff dem Gebirg"

Der Schneeberg als Zentrum des Wartensystems
An späterer Stelle wird noch angeordnet, daß auf dem Schloß Böheimstein bei Pegnitz wie auf dem Kirchturm von Lindenhardt Wachen eingesetzt werden sollen. Nach Abschluß der Baumaßnahmen war die
ganze Markgraf­schaft Brandenburg-Kulmbach mit Signalstationen überzogen, die allerdings bei Nebel und Regen wertlos waren.
Es ist anzunehmen, daß es eine ganze Weile in Anspruch genommen hat, an all diesen Orten die befohlenen Anlagen zu errichten. Am schnellsten möglich war wohl die Aufstellung von Wachen auf bereits
vorhandenen Türmen (Kasendorf, Wunsiedel, Epprechtstein, Thierstein, Hof, Pegnitz und Linden­hardt). Auf dem Schneeberg wie auf dem Weißenstein wird die Errichtung von Türmen aus dem dort anstehenden Fels (Granit bzw. Eklogit) einige Zeit in Anspruch genommen haben. Ausdrücklich erwähnt wird, daß auf dem Schneeberg bereits eine hölzerne Warte stehe, die aber nun in Stein errichtet werden solle.
Im Anschluß daran werden die Aufgaben der Wachleute beschrieben: Item der abgeschrieben wart halben ist Im besten geratschlagt vnd beslossen, das eine vff die ändern ein sonnder vleysigs auffmercken haben
so/, nemlich also, So ein Wartman fewers gewar wirdt vnd syhet das auffgeen, So sull er zu stund an absteygen vnd denn häuften von duren vnd grünen reysich, den ein Jeder bej seiner wart zu einer Jeden Zeit
verhanden haben soll, alßpalden ant-zunden vnd zu stund an Zu das nächst dorff oder ambt lauffen vnd ansagen, von was wegen er sein hawffen angetzundt hab, wo er das erst fewer gesehen hab...
Vor den Warttürmen mußten also jederzeit zwei Haufen Brennmaterial gesta­pelt sein, einer aus dürrem Reisig für ein helles Feuer, der andere aus grünen Zweigen für starke Rauchentwicklung. Die Wächter waren verpflichtet, nicht nur das Land, sondern auch alle anderen Warttürme aufmerksam zu beob­achten. Sobald sie auf einem von ihnen Feuer- oder Rauchsignale aufsteigen sahen, mußten sie sofort ihre beiden Reisighaufen anzünden, um die Wächter auf den anderen Warttürmen zu alarmieren. Dann sollte einer der Posten schnellstens zum nächsten markgräflichen Amtmann laufen, um ihm zu berichten, wo die ersten Feuerzeichen gesehen wurden. Dieser hatte dann umgehend alles weitere in die Wege zu leiten.
Wurde ein benachbartes Amt betroffen, so mußte er schnellstens Bewaffnete zu Roß und Füßen dorthin schicken und in der Gegend, wohin die Beschä­diger ihren Kopf wenden würden, alle Furten bewachen lassen. Die in der gefährdeten Zone liegenden Wälder sollten von Männern mit Hunden durch­kämmt werden, damit sich die Feinde nicht darin verbergen konnten. Die Amtmänner mußten dafür sorgen, daß jederzeit genügend mit Armbrü­sten und anderen Waffen ausgerüstete Männer und gesattelte Pferde ver­fügbar waren. Im Notfall sollten sie die Adeligen der betroffenen Gegend um Beistand ersuchen. Wer sich weigerte, mußte beim Hauptmann auf dem Gebirge angezeigt werden und hatte Strafe zu erwarten. Die Verfolgung und Vertreibung von Feinden sollte mit Nachdruck betrieben werden. Selbst wenn sie in die Flucht geschlagen waren, durfte man in der Wachsamkeit nicht nachlassen, um ihnen nicht einen überraschenden Gegenschlag zu ermöglichen.
Die Amtleute mußten allen ... bürgern vnnd armenleuten aygentlich bestellen vnnd das bey einer Straff leybs vnd guts offennlich gebietten lassen, welcher zu roß aderzu /wessen lewt abwegs Reytten ziehen,... das man einem Jeden antzayg...
Unter Androhung von Leibes- oder Geldstrafen wurde den Unter­tanen eingeschärft, daß sie jede Bewegung von Leuten abseits der öffentli­chen Straßen und Wege zu melden hätten. Vor allem die Bauern sollten fremden Reitern gegenüber recht mißtrauisch sein, damit sie nicht gefangen­genommen würden und ausgelöst werden müßten.
In den Städten, Märkten und Dörfern mußten laufend Wächter patroullieren, alle Verdächtigen anhalten und sie über das Woher und Wohin ausfragen. Niemand sollte Fremde hawswn ader herbergen, noch In die Stet ader die flecken lassen, wenn sie keinen „Fürsprecher" hätten, also jemanden, der sich für ihre Harmlosigkeit verbürgte. Und dennoch sollte Jeder Wirt achtung vff sein geßt hab, vnnd Ine nachsehe, das er
nicht fewer einleg ader mit ander schalckheyt vmbgee. Besonders argwöhnisch sollte man gegenüber Bettlern sein, die Einlaß begehrten.
Die Wartordnung enthielt auch Anweisungen zum Schutz durchreisender Kaufleute und angesehener Personen. Berittenen Kaufleuten, die landesherr­liches Geleit begehrten, sollten zur Abwehr von Überfällen gegnerischer Ade­liger neben dem markgräflichen Geleitsmann noch bewaffnete Reiter beige­geben werden (So glayt man sie mit macht vff Iren kossten). Diese begleiteten die Wagenzüge byß zu dem nechsten ambtmann, wo sie von einer anderen Mannschaft abgelöst wurden. Die Geleitsleute sollten haymwartz durch die holtzer strayffen, um möglicherweise verstecktes Raubgesindel aufzuspüren.
Aus begreiflichen Gründen lag der Regierung in den turbulenten Fehdezeiten auch die persönliche Sicherheit ihrer Untertanen am Herzen. Deshalb schrieb die Wartordnung zwingend vor, daß alle Bürger und Bauern, die auswärtige Märkte, Kirchweihen und andere Veranstaltungen besuchen wollten, dies vorher dem Amtmann anzeigen sollten. Dieser durfte sie nur unter der Voraus­setzung ziehen lassen, daß sie unterwegs immer zusammenblieben und ihre Waffen bei sich trugen. Sollten die Leute nicht zahlreich genug sein, um sich erfolgreich verteidigen zu können, so mußte ihnen der Amtmann Reisige zu Roß und zu Fuß mitgeben, damit sie nit beschedigt ader gefangen werden. Denjenigen, der aus Leichtsinn in Gefangenschaft geriet, den sol man on wissen meins gnedigen Hern nit ledigen ader losen lassenn, er durfte also ohne Zustimmung des Markgrafen nicht ausgelöst werden.
Manche Warten - so z. B. die auf dem Schloßturm in Hof eingerichtete -waren wohl hauptsächlich für den ganz „normalen" Feuerschutz vorgesehen. Und so enthält die Wartordnung auch eine Reihe diesbezüglicher Anwei­sungen: Alle Häuser sollten mit Hacken, Leitern und krucken zum abstossen ausgerüstet sein, und es sollten genügend Gefäße, padscheffleyn vnnd ander, bereitgehalten werden. Die Amtmänner hatten dafür zu sorgen, daß Wasser­träger und andere Helfer, die sofort zum Brandplatz eilen mußten, eingeteilt wurden.
Ganz deutlich wird aus den oben angeführten Punkten, daß die Wartordnung sich beileibe nicht nur auf das System der Warttürme bezog, sondern daß sie vielmehr ganz allgemein für die „innere Sicherheit" sorgen wollte. Dies wird auch in zahlreichen Ausführungsbestimmungen deutlich, die in den einzelnen Hauptmannschaften aufzufinden sind. Man sieht dies z. B. in einem Ratspro­tokoll des Wunsiedler Stadtschreibers Jörg Klugel, das wohl aus dem Jahr 1498 stammt, als Nikel von Schirnting Amtmann in der Hauptmannschaft war. Hier wird u. a. bestimmt, daß jeder Wirt, der verdächtige Gäste nicht anzeigt, mit 10 Gulden Strafe belegt werden müsse. Es wird angeordnet, daß in den Städten, Märkten und Dörfern stets Leiterwagen oder Kriegswagen zur Verfügung stehen müssen, von denen Jder hab ein pret, das neben herab hange und eins zwischen den redern und zwo zeyn gen einander und zwen flegel darauf. Man hatte von den Hussiten gelernt!
Zur Verfolgung von Feinden sollte schon in Friedenszeiten festgelegt werden, wer Pferde, Sättel und Zaumzeug bereitzustellen hatte, Alles nach ansehen und gutbedunken der Hauptleut ides ambts. Es wird festgelegt, daß mit den Wechtern Wechslung beschee, daß sie nicht immer an der gleichen Stelle ein­gesetzt würden, Sunder heut do, Morgen an einem ändern ortt, weil man auch ihnen nicht so recht traute.
Bis ins kleinste Detail gingen die Verordnungen, die sich aber nur in eigentlich recht wenigen Punkten auf die an Warttürmen eingesetzten Leute bezogen.
So ausführlich und konkret die Wartordnung auch war, gänzlich verhindern konnte sie Überfälle und Brandstiftungen wohl kaum. Es wird eine ganze Zeit gedauert haben, bis die in ihr vorgesehenen Einrichtungen erstellt waren. Und die Hauptursache für die meisten Brände jener Zeit - bodenloser Leichtsinn im Umgang mit offenem Licht - war sowieso nicht zu beseitigen. Nur ganz all­mählich ging die Zahl der Fehden zurück, aber von nun an gab es eine stei­gende Zahl überregionaler Auseinandersetzungen, in die unsere Heimat hin­eingezogen wurde und unter denen die Bevölkerung zu leiden hatte.
Feuer -- Feuerkorb
 

© by Helmut Hennig
© by Helmut Hennig
Wartenturm bei Hof, einzige noch
voll erhaltene "Warte" in der Region
© by Helmut Hennig
 
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